Dienstag, 22. Januar 2013

Ein paar Mama-Gedanken

Das letzte Jahr war intensiv. Ich bereue gar nichts. Dieses Kind zu erwarten und zu gebären und zu pflegen ("bekommen" im wortwörtlichen Sinn trifft es ja nicht ganz), war das Beste, was ich (und er glaubs auch) habe erleben dürfen.

Aber es bringt auch wirklich viele Veränderungen mit sich. Ich meine nicht den Schlafmangel, das scheinbar-Dauer-Putzen, nicht das überall liegende Spielzeug, das nicht-verstehen-eines-Mitmenschen oder die steigenden finanziellen Ausgaben.
Darüber kann man viel lesen, da wird einem viel erzählt, ob man will oder nicht.

Dass oder besser, warum es auch zwischen den Eltern manchmal nicht mehr stimmt, dass die Chemie sich verändert - denn das tut sie -, davon habe ich nichts gewusst.
Ich habe noch darauf hingewiesen, dass sich ein Mann nicht ändert, nur weil er Ehegatte wird. Beim Vaterwerden ist es ähnlich, und doch anders. Er verändert sich nicht (zumal nicht zwingend, nicht äusserlich), aber Sie.
Ich habe mich verändert. Äusserlich, aber auch innerlich. Nicht mit Absicht, nicht bewusst. Es hat mich verändert. Sie haben mich verändert. Die Hormone!

Echt wahr. Es ist wie in der Pubertät: du wirst fremdgesteuert. Bist nicht mehr du selbst. Oder wie du zu sein glaubtest, wie du dich zu kennen glaubtest.
Mein Liebster konnte es mir nicht recht machen. Naja, mir vllt schon, aber der hormongesteuerten Ahuefa nicht :)
Im Nachhinein tut mir das sehr leid. Wie hätte ich wissen sollen, was mit mir los war?
Ich war empfindlich, dünnheutig, war ausgelaugt, ausgesaugt, kraft- und energielos, übermüdet, hatte Schmerzen.
Und dann liessen die Hormone langsam nach, ich stillte nicht mehr, ass wieder mehr, schlief besser (Frollein war im eigenen Zimmer und schlief durch!).
Dann kam ein neuer Alltag. Ich merkte, dass ich wohl nicht die Hausfrau war, die ich mir vorgestellt hatte zu sein, zu werden. Es machte mir nicht so Spass, allen (Frollein, ihm und mir) hinterher zu räumen. Ich spürte es einfach nicht.
Aber im Büro bin ich auch nicht ausgelastet. Die neuen Aufgaben langweilen mich. Aber weder 100% daheim als Hausfrau, housekeeping, housekleening (was ja eh mehr als 100% sind, dazu gleich mehr) noch 100% auswärts arbeiten hätten mir gefallen.

Mittlerweile haben wir miteinander gesprochen. Anders als sonst, hat er mehr gesprochen. Ich reflektiere meist später in Ruhe, für mich, im Stillen. So oder so, es war und tat gut.
Die Lösung gibt es noch nicht. Aber es entwickelt sich. Im Sinne von Entwirren, Wachsen, Klären.


Was ich in Gesprächen mit anderen Müttern entdeckt habe: die meisten Männer können nicht nachempfinden, wie ein Alltag für uns aussieht.
Wir schlafen nicht aus. Ein Wochenende, das ganz anders ist als Mo-Fr gibts es so nicht.
Der "Arbeits"-Tag dauert nicht 8 Stunden 12. Sind wir nicht auf ON, dann auf Stand-by.
Wir gehen nicht in die Kantine essen. Manche von uns haben keine Pausen (ich Glückliche schon). Babyschwimmen ist keine sportliche Betätigung - wir ziehen nicht nur uns um, trocknene nicht nur uns ab. Wir tümpeln im Babybecken rum, immer aufmerksam, damit nichts passiert (das Ganze vllt mit einem Körper, der mancher von uns fremd geworden ist, gewöhnungsbedürftig ist; bei mir nicht , ich war schon vorher so :), was es zwar nicht besser macht =D).

Wenn wir ins Kindersingen gehen, das eine halbe Stunde dauert, sind wir doch insgesamt 1,5h unterwegs, mit An- und Ausziehen, Taschen packen und Hin- und Zurücklaufen. Aber auch wenn wir mit dem Auto fahren, sind wir langsamer, weil wir das Kind und den Wagen ins Auto packen müssen.
Wenn wir uns mit anderen Müttern und ihren Kindern treffen, ist das nicht reines Kaffeevergnügen. Es ist auch das Herstellen eines sozialen Netzwerks, unsere Kinder können mit anderen interagieren (ist ja doch was anderes, solange sie keine Geschwister haben). Wir sind dabei immer auf der Hut, weil geschubst und an Körperteilen gezogen wird. Zum Quatschen kommen wir da auch nicht wie früher, als sie noch im Bauch waren.
Zum Zeitung lesen kommen wir nicht in Ruhe, weil sie "mitlesen" wollen. Was mit dem Tod der Zeitung endet.

Wir essen einsam. Nicht alleine, aber einsam. Mittlerweile wenigstens wieder warm =D, weil das Kind schon selber Gabel, Nudel und Fleisch halten und zum Mund führen kann.
Ich will mich hier nicht beklagen. Es ist einfach ein Feststellung. Meine Ansicht, meine Austausch-Erfahrungen.
Bei jeder kann es wieder anders aussehen.
Wir hatten als Paar wirklich Glück, haben wir ein gesundes, pflegeleichtes Kind. Wir konnten sooo viele Sachen immer noch machen, haben es fast überall hin mitgenommen.
Ein lieber Bekannter hat sehr staunend bemerkt, dass wir nebst Arbeit und Kind immer noch mit Freunden abmachen und unsere (nicht gemeinsamen) Hobbies pflegen. Ist für uns normal. Auch wenn es nicht mehr gleich ist wie vorher.
Ich habe fast 1 Jahr lang kein Scrapbooking mehr gemacht. Ich spüre zwar noch das "Verlangen" danach, aber es ist nicht mehr gleich. Es hat sich auch ein bisschen zugunsten des Nähens in den Hintergrund verzogen. Und mein "Feierabend" beginnt halt nicht nach dem Runterfahren des PCs im Büro, sondern wenn Frollein im Bett ist. Und dann bin ich oft auch bettfertig.
Der Liebste hat zwischenzeitlich auch gemerkt, dass er Dinge daheim verpasst, während er weiter Projekte an Land gezogen hat, gerade WEIL es daheim so ring ging. Darum sind wir da auch immer wieder am Schauen, wie er wann was machen kann, soll, darf, so dass es für alle stimmt.
Überhaupt tut es mir leid, dass es aktuell nicht anders geht, als dass er "das Geld heim bringt". Dass er nicht so viel Zeit den Tag durch mit dem Frollein verbringen kann, wie er es gerne würde und auch verdient hat.
Ich weiss, es ist ein Privileg, dass ich nicht auswärts arbeiten muss, damit es für uns reicht.
Darum hadere ich auch so damit, dass ich offensichtlich eine schlechte Haushälterin bin.
(Wir könnten uns eine Hilfe leisten, aber ich finde, dass sie zum Putzen da wäre und nicht zum Aufräumen. Aber das könnte sie ja nur, wenn wir aufgeräumt hätten. Konjunktiv. Ich putze nicht schlecht, but I s*ck at Aufräuming. Dazu kommt, dass ich dann eigtl. schon auch wieder mehr % arbeiten müsste, aber das gurkt mich ehrlich gesagt gewaaaaltig an)
Ich bin ihm sehr dankbar, was er alles für uns tut. Martin, ich liebe dich! Danke!

Und nun? Irgendwann soll für Frollein Verstärkung her. Und ich freu mich darauf. Habe das (trügerische?) Gefühl, es würde einfach(er). Ich würde/werde es lockerer nehmen. Schneller einen Rhythmus haben, da schon einer da ist.
Bestärke mir das damit, dass man sagt, das erste Kind sei die grösste einschneidende Veränderung im Leben. Und die war irgendwie gar nicht so schlimm. Zumindest nicht am Anfang. Das alles, was ich oben beschrieben habe, kam ja erst nach und nach. Und jetzt bin ich ja schlauer als zuvor ;)



Wer es bis hierher ausgehalten und mitgelesen hat, der darf auch erfahren, was ich zu meinem letzten Gedankenpost noch zu sagen habe: Wie die gezielten Fragen meiner Frau Doc mir gezeigt haben, ging es nicht mir im Speziellen schlecht (auch wenn ich vllt depressive Anzeichen oder Züge zeigte). Gut, vllt lag es auch an ihren Fragen :), dass ich zum Schluss kam, dass es eben eine ganz normale, u.a. hormonell bedingte Veränderung in der Partnerschaft war.
Und wenn man dann noch dauernd tolle Blogs liest, wo man ja selten hinter die Kulissen sieht oder Einblick bekommt, dann kann man schon mal einen falschen Eindruck haben. Dass es bei allen anderen super läuft. Dass man es auch schaffen müsste.
Aber hey, wenn ich euch ein Foto zeige, das ich daheim geknipst habe, glaubt ihr nicht auch, dass ich mir überlege, was man im Hintergrund erkennt? =D
Dass ich schön unscharf mache oder schnell den Tisch freischaufleräume =D

Ich will versuchen, das Leben für mich und meine Familie gut zu gestalten. Im Jetzt leben, und doch die Zukunft nicht ganz vergessen.
Es gibt keine andere Familie, keine andere Kombination, die so sind wie wir, denen es genau so geht, wie uns. Und darum können wir es auch nur für uns richtig machen. Wir dürfen bei den anderen kucken, was es so gibt, was sie so machen. Aber stimmen muss es für uns.
Ich hoffe, ich kann mich an diese Worte erinnern, wenn ich sie brauche.





Ich denke, das trifft auch auf obigen Absatz zu.


3 Kommentare:

Schäfchen hat gesagt…

Liebe Ahuefa,
du hast sooooooooo Recht. Es verändert sich alles. Bei pflegeleichten Kindern (unsere waren auch so - gottseidank) eher schleppend und heimlich... aber es verändert sich. Man selbst verändert sich.

Ich find's total klasse, dass dir das jetzt schon bewusst wird. Ich hab viel länger gebraucht.

Das Internet verführt hier übrigens zu völlig falschen Annahmen. Eben weil man in den Heile-Welt-Blogs nur die Fassade sieht. Ich kenne viele, die sich selbst dadurch anzweifeln. Weil es doch bei anderen auch so gut klappt. Weil dort immer alles so hübsch ist. So aufgeräumt. So toll dekoriert. Und alle haben immer gute Laune. Und Muddi näht und bastelt und spielt und ist überhaupt pädagogisch total wertvoll.

Solche Mütter gibt es natürlich. Aber ich habe festgestellt, dass DIE die Ausnahme sind. Nicht ich. Nicht meine Freundin.

Jeder muss SEINEN Weg finden, Familie und Job und alle damit verbundenen Aufgaben unter einen Hut zu bringen. Eine (meist) glückliche Familie zu haben und zufrieden zu sein. Ich finde, du bist auf einem sehr guten Weg :)

Ganz liebe Grüße
Melanie

Ingrid - min Rägeboge hat gesagt…

ein sensationeller Post! und ein ganz toller Schluss-Absatz! Dem ist nichts hinzu zu fügen!

Ich bin einfach nur glücklich, dass es Dich gibt, so wie Du bist!

Zottellotte hat gesagt…

Mir kommt ganz vieles bekannt vor. Es ist schön zu wissen, dass ich nicht allein bin. Auch bei uns wird grad an einem Geschwisterchen für den Prinzen gearbeitet. Morgen weiß ich da schon mehr....
LG
Sonja